Franz Dodel

Geboren 1949 in Bern. Sein Hauptwerk ist das 2002 begonnene assoziative Kettengedicht „Nicht bei Trost“, ein Endlos-Poem im Silbenmaß des Haiku, das täglich weitergeschrieben wird. Seit 2012 lebt Dodel als freischaffender Schriftsteller in Boll-Sinneringen und Lugnorre. Literaturpreis des Kantons Bern 2009, 2011 und 2019.

Die Lektüre wird zum stimulierenden Element, versammelt eine Fülle von kleinen magischen Knospen an Wissensdetails, die Dodel aus seinem Fundus des erarbeiteten Wissens der Menschheit löst.

Martin Kubaczek


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vielleicht sollte man

lange missmutig schweigen

wie ein alter Frosch

bevor man sich Gedichten

zuwendet um dann

mit höchster Konzentration

blitzschnell nach einem

von ihnen zu schnappen mit

einem weiten Sprung

abzutauchen ins dunkle

Wasser des Teichs wo

der Frosch Listen anlegt all

jener Gedichte

aus denen er sämtliche

Wörter entfernt hat

«Gedichte ohne Worte»

entstehen die sind

ihm die liebsten er hört sie

(in ganzer Länge)

bei jedem Sprung ins Wasser

in jedem Quaken

der nachfolgenden Stille

fehlt die Traurigkeit

die oft dem Spielende folgt

in kleinen Blasen

steigen die Wörter an die

Oberfläche frei

von den Zwängen der Syntax

verschwinden quirlend

Zeilen 44677–44705

Aus: Nicht bei Trost. Sondagen, Edition Korrespondenzen, Wien 2024.

Buchveröffentlichungen von Franz Dodel, zuletzt:
Nicht bei Trost. Sondagen (2014)