Raoul Schrott

 

(er)

der palast meiner schwester: der einlass zu ihr
          der findet sich im schoß ihres hofes
wo die schmalen türflügel sich spreizen
          das tor sperrangelweit offen
          der riegel nach oben geschoben
und sie selbst darüber vollkommen außer sich!
          &ah – wär ich doch der türsteher dort!
und stünd sie dann vor mir, völlig aufgereizt
          ihre stimme erregt, und schimpfte mich
zitternd einen ganz und gar ungezogenen jungen –
          ich stellte mich einfach dumm!

 

aus: Die Blüte des nackten Körpers. Liebesgedichte aus dem Alten
Ägypten. Übertragen von Raoul Schrott. Nachwort ders.,
Carl Hanser Verlag, München 2010

Buchveröffentlichungen, zuletzt: Gehirn und Gedicht.
Wie wir unsere Wirklichkeiten konstruieren (mit Arthur Jacobs, Hanser 2011)
Liebesgedichte. Nachw. O. Lubrich. (2010)
Ilias, Übersetzung (2008)
Gilgamesh, Nachdichtung und Neuübersetzung (2001)


Raoul Schrott | Geboren 1964, aufgewachsen in Tunis und Landeck. Lebt in Österreich. Lyriker, Literaturwissenschaftler, Übersetzer, Romancier, Essayist



Die Gedichte, die Schrott übertragen hat, sind ein Fest des Sehens und Schauens. Sie lassen mittels Sprache Bilder einer verzauberten Gefühlslandschaft entstehen: Gärten mit Granatapfel- und Feigenbäumen, mit ‚alraunbeeren’, (...) den Nil mit seinen ‚goldenen fischen’, eine Landschaft der Liebesfreuden, der Sehnsucht und der Liebeserfüllung und nur manchmal des Liebesleids.“

Herbert Fuchs