Kerstin Preiwuß

 

Ich hab noch Leben da.

Es geht mir durch den Mund in den Leib

holt aus und bietet sich

auf den Straßen feil.

 

Als es mir kam

ging das vollkommen

gegen meinen Lähmungswahn.

Kommt es wie der Wind

wütet im Glas steh ich

im Fingerspitzenhemd

ohne Maulkorb

kein Faultraum

nur Körbe.

 

Ich habe Bettage

ich sage Betteltage

an denen ich alles zu Markte trage.

 

Aus dem Manuskript

Gedichtbände von Kerstin Preiwuß, zuletzt: Taupunkt (2020)


Kerstin Preiwuß | Geboren 1980 in Lübz. Studium der Germanistik, Philosophie und Psychologie in Leipzig und Aix-en-Provence. Danach absolvierte sie ein literarisches Studium am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig, an welchem sie seit 2021 auch den Lehrstuhl für Literarische Ästhetik innehat. Die Lyrikerin, Romanautorin und Essayistin lebt in Leipzig. Anke Bennholdt-Thomsen-Lyrikpreis (2020).

So entwickelt Preiwuß in verwirrend rätselhaften und klang­magisch aufregenden Gedichten geheimnisvolle Schöpfungs­geschichten, Fantasien von Verwandlungen und von Aufent­halten in einem Zwischenreich von menschlichem, tierischem und pflanzlichem Dasein.

Michael Braun