Pissblume

Ich kann mich keiner Goldparabel rühmen,
nicht des Runterkippens zahlreicher Biere,
um prachtvolle Wasser zu produzieren.

Ich kann nicht annähernd meinen Namen, nicht mal
meinen Kosenamen in den Schnee schreiben,
höchstens in sinnloser, unlesbarer Schrift.

Aber ich kann einen Schwall von Bläschen
mit einer Geschwindigkeit ins Wasser drucken,
die als schön zu bezeichnen wäre.

Ich kann einen Stahlstrom nach unten feuern,
der so mächtig ist, dass mein Körper
zehn Meter in die Luft steigt und nur

ein paar Sekunden lang auf einem
blasigen Stamm von großer Anmut
hoch oben in der Stadtluft schwebt.

 

 

aus: Jo Shapcott. Mein Leben im Schlaf. Gedichte.
Aus dem Englischen von Jan Wagner.
München: Carl Hanser, voraussichtl. 2020.

Gedichtbände (in englischer Sprache),
zuletzt: Of Mutability. (2010)


Jo Shapkott | Geboren 1953 in London, Großbritannien. Studium in Dublin und Oxford. Sie unterrichtet Kreatives Schreiben an der Royal Holloway, University of London und hatte Gastprofessuren u.a. an der Newcastle University sowie am London Institute inne. Queen’s Gold Medal for Poetry 2011.

[Shapcotts Lyrik] ist gleichermaßen zugänglich wie in eine
tiefschürfende Auseinandersetzung mit all den Facetten
des Menschseins verstrickt – wachsam gegen Kunst und
Wissenschaft, Leben und Tod.

                                                                Carol Ann Duffy