kleine grammatologie
nein, das steht hier
nicht geschrieben,
denn ich ahme schrift
nur nach & die hat
nicht a, nicht o & die
liest sich manchmal
so: ich gerinne nicht
zu text, nein, ich
gerinne nicht zu text.
ich verstolpre meinen
einsatz, ich verholpre’s
abc, bin der
dinge nicht geläufig,
darum schreib ich
sie hier auf. nein,
das weht hier nicht
gestieben, nein,
das reh hat nichts
gerieben, nein, das
lebt hier, nichts
gemieden, ich
gerinne nicht zu text.
aus: Carolin Callies. schatullen & bredouillen. Gedichte.
Frankfurt am Main: Schöffling & Co., 2019.
Gedichtbände, zuletzt:
fünf sinne & nur ein besteckkasten. Gedichte. (2015)

Carolin Callis | Geboren 1980 in Mannheim. Studium der Germanistik und Medien- sowie Kommunikationswissenschaften in Mannheim. Sie arbeitet als Moderatorin, Herausgeberin und Übersetzerin und veröffentlicht in Zeitschriften und Anthologien. Sie lebt in Ladenburg bei Heidelberg. Thaddäus-Troll-Preis 2015.
Die Gedichte von Carolin Callies unternehmen etwas ungeheuer Riskantes. Sie verlassen den bis in die Gegenwart festgefügten Kanon lyrischer Sujets – Natur, Liebe, diverse Reiseimpressionen – und machen den Körper zum Thema. Und nicht nur den Körper, sondern auch die höchst ambivalenten Gefühle dem Körper gegenüber, dem eigenen wie dem fremden.
Richard Kämmerlings